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Kaffeeanbau im Klimawandel - Gibt es 2080 noch Arabica Kaffee?

Die globalen Temperaturen sind in den vergangenen 100 Jahren nachweislich angestiegen. Dieser Anstieg scheint sich seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts noch beschleunigt zu haben. Prognosen gehen davon aus, dass sich die globalen Durchschnittstemperaturen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts um 1,8°C bis zu 4°C erwärmen werden - leider auch nicht ohne Konsequenzen für den Kaffeeanbau.

Inhaltsverzeichnis


Die Produktivität von Arabica ist eng mit den Wetterveränderungen verbunden und wird stark von natürlichen klimatischen Schwankungen beeinflusst. Kaffeefarmer aus zahlreichen Kaffeeanbaugebieten auf der ganzen Welt leiden bereits unter den Einflüssen der zunehmenden Erwärmung. Auch unsere Kaffeebauern müssen sich mit den Auswirkungen des Klimawandels bereits jetzt auseinandersetzen.

Für Arabica Kaffee ist eine jährliche durchschnittliche Temperatur im Bereich von 18-21°C optimal, in manchen Gegenden toleriert er noch eine Durchschnittstemperatur von 24°C. Über 23°C wird die Entwicklung und Reifung der Kaffeebohne jedoch so beschleunigt, dass sich die Qualität der Bohne und somit auch des Kaffees bedeutend verschlechtert. Kaffee braucht ein gemäßigtes, gleichbleibendes Klima von der Temperatur und vom Niederschlag her, damit er sich qualitativ hochwertig ausbilden kann. Ein häufiges Ausgesetztsein von einer Temperatur über 30°C führt zu einer Gelbfärbung der Blätter bis hin zu der Bildung von Tumoren am Stiel. Ebenso Frost, wenn er auch nur gelegentlich auftritt, kann zu immensen wirtschaftlichen Einschränkungen der Kultur und des Ertrags führen.

Die Kaffeeindustrie rund um den Globus steht in den kommenden Jahrzehnten vor ernsten Herausforderungen, um eine nachhaltige Produktion garantieren zu können.

Kaffee - Das beliebteste Getränk der Welt

Kaffee ist das beliebteste Getränk der Welt und nach Öl die am zweithäufigsten gehandelte Ware. Schätzungsweise 15,4 Milliarden US-Dollar entfielen 2010 auf den Kaffee Export, 93,4 Millionen Säcke wurden transportiert. Die gesamte Beschäftigung im Kaffeesektor beträgt geschätzte 26 Millionen Menschen in 52 Produktionsländern. Eine gewaltige Menge an Kaffee, um den Durst der Weltbevölkerung nach unserem liebsten Getränk zu stillen. Natürlich benötigt diese enorme Masse auch dementsprechend Anbaufläche. Nur Hochlandkaffee lässt sich in diesen Ausmaßen nicht produzieren. Um die jährlich gewünschte Menge an Kaffee produzieren zu können, benötigt es zusätzlich die Kultivierung in flacher gelegenen Anbaugebieten. Um die kommerziellen Kaffeesorten erhalten zu können und für die Zukunft stark zu machen, braucht es den wilden Arabica Kaffee. Kommerziell angebauter Kaffee ist genetisch verarmt. Der wilde Kaffee hingegen birgt ein genetisches Reservoir, das den kommerziellen Kaffee durch Einkreuzungen gegen Umweltveränderungen, neu auftretende Schädlinge und Krankheiten schützen und für die Zukunft wappnen kann.

Die kurz- und langfristige Prognose sieht schlecht aus

Dieser wilde Kaffee, der so viel Potential in sich trägt, den kommerziellen Anbau des Kaffees langfristig zu sichern, nimmt in der Population jedoch rasant ab. Der wilde Arabica Kaffee sowie der kommerziell angebaute Arabica Kaffee reagieren sehr empfindlich auf Umweltfaktoren und gedeihen nur bei bestimmten Temperaturen und Mengen an Niederschlag. Forscher von Royal Botanic Gardens kartierten für Ihre Modelle die Gebiete des wilden Kaffees. Basierend auf drei Szenarien des Weltklimarats IPCC wurde anhand eines Modells simuliert, wie sich das Klima in den Kaffeeanbaugebieten voraussichtlich verändert. Unterschiedlich hohe Freisetzungen an Treibhausgas wurden für die Modelle herangezogen. Das Ergebnis: Im positivsten Fall werden nach der Prognose bis zum Jahr 2080 65% der Anbaufläche verloren sein, im „Worst Case“ kann bis zum Jahr 2100 99,7% des heutigen Verbreitungsraums nicht mehr für den Kaffeeanbau genutzt werden.

Im Südsudan beispielsweise wird es schon bald keinen wilden Kaffee mehr geben. Im Zuge der Kartografie des wilden Kaffees zeigten sich schon 2012 klare Anzeichen der Entwicklung: Viele der Kaffeepflanzen sind krank oder bereits abgestorben, neue Keimlinge kaum vorhanden.

Klar ist: Trotz Gegenmaßnahmen wie beispielsweise eine künstliche Bewässerung, wird es zukünftig in vielen Gebieten einfach zu heiß sein, um dort produktiv Arabica Kaffee anzubauen.

Die Vorhersage der Forscher basiert nur auf der Berechnung der Erwärmung des Klimas, geht jedoch von einer intakten Natur aus mit nur geringfügigen Eingriffen des Menschen, wie z.B. durch Rodung. Nach Meinung der Forscher ist die Prognose für die Zukunft voraussichtlich eher noch zu positiv dargestellt.

Wilder Kaffee - Der Schlüssel zur Nachhaltigkeit?

Wilder Arabica ist rar. Die größten und vielfältigsten Populationen wilder Arabica-Arten sind im Hochland von Südwest-Äthiopien beheimatet. Auch im Südsudan findet man noch vereinzelt indigenen Arabica, und zwar auf dem Boma-Plateau. Kartografiert konnte auch ein Vorkommen auf dem Mount Marsabit in Nordkenia werden. Der wilde Arabica Kaffee wächst ausschließlich in Höhen von 950m bis zu 1950m. Zum Vergleich: Wilder Robusta Kaffee findet sich in einem Großteil des tropischen Afrikas in Höhenlagen von 50m bis zu 1500m und ist von Guinea bis zum Westen von Tansania verbreitet.

Der wilde Kaffee ist trotz seines Rückgangs auch wirtschaftlich nicht zu unterschätzen. Der intrinsische Wert als Lagerhaus für genetische Ressourcen hat einen geschätzten Wert von 0,5 bis 1,5 Milliarden US$ pro Jahr für die Kaffeeindustrie. Als Teil einer zukunftssicheren Ressource und insbesondere zur Bereitstellung genetischen Potentials zur Eindämmung des Klimawandels ist der wilde Artbestand als Schlüssel für die mittel- bis langfristige Nachhaltigkeit der Arabica-Produktion wahrgenommen.

Der Klimawandel findet jetzt statt und ist keine ferne Zukunft

Bereits jetzt ist der Klimawandel bei vielen unseren Kaffeebauern angekommen. Nicht nur die immer höher ansteigenden Temperaturen sind verantwortlich dafür, dass die Kaffeebauern zu einem nicht unerheblichen Teil jetzt schon massiv mit den Auswirkungen des Klimawandels zu kämpfen haben. Ein Beispiel hierfür ist der Kaffeerost, eine Pilzkrankheit, die die Blätter der Kaffeebäume befällt und zu enormen Ausfällen bei der Ernte führen kann bis hin zum Totalausfall. Die Kaffeepflanzen verlieren ihre Blätter und werden dadurch stark im Wachstum geschwächt. Bei einem flächendeckendem Befall können betroffene Anbaugebiete vollständig absterben. Temperaturschwankungen und Extremwetter sind die Ursache für Blattkrankheiten wie den Kaffeerost. Begünstigt durch den Temperaturanstieg, den Klimawandel, Starkregen-Ereignisse, La Niña-Effekt und starken Winden können sich die Kaffeerost-Sporen mit großer Schnelligkeit ausbreiten. Viele Länder in Mittelamerika und Mexiko kämpfen seit Jahren gegen den Kaffeerost und haben gravierende Einbußen zu verzeichnen - und das langfristig.

Bio-Kaffeeplantagen in Mittelamerika und Mexiko am stärksten betroffen

Mexiko war einst der größte Anbieter von Bio-Kaffee auf dem Weltmarkt. Während die Ernte im Jahr 2000 noch gesamt 6,2 Millionen Sack an Kaffee einbrachte, sank der Ertrag auf 2,2 Millionen Sack im Jahr 2016, bedingt durch den Kaffeerost. Gleichzeitig reduzierte sich die zur Verfügung stehende Anbaufläche um über 10%. Besonders betroffen von dieser Entwicklung sind die Biobauern, da das Problem völlig falsch eingeschätzt wurde, weitestgehend unbeachtet blieb und Gegenmaßnahmen nur sehr verzögert getroffen wurden. Im Bioanbau können jedoch nur bedingt Gegenmittel gegen den Kaffeerost angewendet werden wie z.B. das aus dem Weinanbau bekannte Kupfersulfat. Betroffene Kooperativen in Chiapas, wo auch unser Kaffee Mexiko herstammt, konnten gute Erfolge mit homöpathischen Mitteln erzielen und den Ertrag damit stabilisieren. Im Norden des Landes wurden jedoch ganze Ernten und Anbauflächen unwiederbringlich zerstört.

Ebenso stark betroffen ist der Bioanbau in El Salvador. Die Ernteeinbrüche beliefen sich nicht selten auf 80-90%, bis hin zur kompletten Vernichtung der Ernte und der Plantage. Viele der Kooperativen konnten sich nicht mehr erholen und mussten schliessen. Kaffee aus El Salvador ist eine echte Rarität. Der Nationalpark Bayerischer Wald hat eine Kooperation mit dem Nationalpark Montecristo in El Salvador ins Leben gerufen, aus dem wir nun einen erstklassigen Biokaffee beziehen dürfen, wachsend in einer gesunden Mischkultur.

Auch die Plantagen von Kenny Soto Santana und seiner Großfamilie in der Dominikanischen Republik waren in der Vergangenheit vom Befall mit Kaffeerost betroffen. Ein frühes Eingreifen mit ökologisch verträglichen Mitteln und eine radikale Verjüngung des Bestands konnten den Großteil ihrer Lebensgrundlage retten. Für die Familie stand schnell fest: Wir setzen auf Biokaffee, und wir gehen den Weg in die Zukunft. Für uns und unsere Kunden. Durch die guten Beziehungen nach Deutschland wird der Kaffee heute ausschließlich direkt gehandelt.

So wie in Mexiko, El Salvador und der dominikanischen Republik ergeht es den Kaffeebauern in vielen Ländern, auch den unseren.

Den Klimawandel als Chance begreifen

Der Kaffeerost befällt hauptsächlich ganze junge Kaffeepflanzen oder den Altbestand. Neben Kupfersulfat und homöopathischen Mitteln ist die Verjüngung der oft alten Kaffeeplantagen mit diversen neuen Varietäten ein derzeit effektives Mittel, dem Kaffeerost entgegen zu wirken. Einige Kooperativen haben sich trotzdem dazu entschlossen, zukünftig konventionell anzubauen und den Kaffeerost mit nicht im Bioanbau zugelassenen Mitteln zu bekämpfen und haben dem Bioanbau den Rücken gekehrt. Doch viele Kooperativen und Kaffeebauern erkennen in der noch so bitteren Realität eine Chance. Anstatt nur Kaffee zu pflücken, lernen die Kaffeebauern nun viel über Anbautechnik, Ökologie in der Landwirtschaft und Nachhaltigkeit. Biologisch gewonnener Kaffee ist nicht nur für den Endkonsumenten das Beste, auch im Anbauland schützt er die Natur und die Menschen, die tagtäglich mit dem Produkt arbeiten, vor eingesetzter Chemie.

Mischwald vs. Monokultur - Der Hintergrund zu Hochlandkaffee

Der Begriff Hochlandkaffee ist zum Synonym für qualitativ hochwertigen Kaffee geworden. Zu Recht! Denn nur im Hochland kann der Kaffee langsam wachsen und reifen. Nur dort werden die klimatischen Gegebenheiten in den nächsten Jahren noch für einen Arabica geeignet sein mit einer Durchschnittstemperatur unter 23°C. Die größten Unterschiede von in Monokultur angebautem Kaffee aus dem Flachland zu Hochlandkaffee sind natürlich die Temperaturen, das konstant feuchtwarme Klima in den Höhenlagen, aber auch, und das ist wesentlich, die Kultivierung in Mischkultur. Im Hochland wachsender Kaffee gedeiht neben natürlich vorkommenden Pflanzen und Bäumen und ist somit Teil eines funktionierenden Ökosystems. Schattenspendende Bäume wachsen natürlich in Nachbarschaft anderer heimischer Pflanzen oder werden bewusst gesetzt. Jeder von uns kennt es selbst: Wo sind die Temperaturen im Sommer milder und das Klima angenehmer? In der prallen Sonne oder im schattigen Wald? Weiterer großer Vorteil der naturbelassenen Umwelt ist, dass dort durch Unterholz und unwegiges Gelände kein schweres Gerät zum Ernten fahren kann, es muss mit der Hand gepflückt werden. Da meist im Hochland, anders als im Plantagenbau im Flachen, nur einmal pro Jahr geerntet werden kann und die Kaffeekirschen viel langsamer reifen, werden diese tatsächlich nur reif geerntet, oft über mehrere Monate hinweg. In einem gesunden Mischwald benötigt es in der Regel keinen Einsatz von Chemikalien, der Wald hält sich selbst gesund.

Die Wachstumsgrenze von Arabica-Kaffee, und insbesondere hochwertigem Arabica, wird sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten immer weiter nach oben verlagern, das ist unumgänglich und unumkehrbar. In welchem Maß und Zeitraum der Arabica jedoch verschwindet, hängt grundlegend von den steigenden Temperaturen und von sinnvollen Maßnahmen, wie dem Einsatz geeigneter Kaffeepflanzen, ab.

Die Alternative zum Arabica - Robusta Kaffee?

Für uns als Kaffeerösterei, die ausschließlich Arabica Kaffee vertreibt, ein schwer vorstellbares Szenario, aber vielleicht die Zukunft? In den Ländern Mittelamerikas zeichnet sich derzeit eine Trendwende ab. Der Anbau von Robusta Kaffee wird wieder erlaubt, beispielsweise in Nicaragua, wo Präsident Daniel Ortega 2017 das Verbot lockerte. Bisher durfte nur in deutlicher Entfernung zum Arabica, in einem ausgewiesenen Gebiet, Robusta Kaffee kultiviert werden. Gilt der Robusta Kaffee in Nicaragua als Kaffee der Armen, scheint er die Heil bringende Alternative für einige Kaffeebauern zu sein, wächst er doch in der prallen Sonne und bringt mindestens doppelt so viel Ertrag wie ein Arabica-Baum. Der Robusta lässt sich leicht pflegen mit dementsprechenden Düngern und Mittelchen. So finden sich neuerdings Kaffeeplantagen, die auf biologischen Anbau von Arabica Kaffee und auf natürliche Nitratlieferanten zur Düngung wie den Guayaba-Baum setzen, direkt neben frisch gepflanzten Robusta-Setzlingen, die in Zukunft mehrere Male im Jahr abgeerntet werden können. Einen Abnehmer für den Robusta Kaffee gibt es auch schon: Café Presto, ein Instantkaffee, bestimmt den Kaffeekonsum im Land. Geführt wird Café Presto von Nestlé.

Auch bei der Bekämpfung des Kaffeerosts spielt Nestlé eine Rolle. So forcierte die Kaffeefirma AMSA, die für Nestlé einkauft, resistente Varietäten, die allerdings nicht für den gehobenen, sondern ausschließlich für den niedrigpreisigen, minderqualitativen Markt geeignet sind. Einziger Abnehmer des Kaffees ist Nestlé und diktiert den Preis. In den Fängen von Nestlé, können die Kooperativen häufig nicht einmal ihre Investitionskosten decken.

Tags: Kaffeebohne

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